Pierre Vorms - Gespräch mit Franz Masereel, S. 12

 

Vorms: Nachdem Sie ein junger Mann geworden waren, haben Sie also das Athenäum von Gent besucht?

Masereel: Ich habe auf der Mittelschule angefangen und habe dann das Athenäum besucht, das in Frankreich einem Lyzeum entspricht. Alsdann bin ich an der Kunstschule in Gent zugelassen worden, die zu der Zeit von dem Maler Jean Delvin geleitet wurde. Ich habe dort keine langen Studien getrieben, und mein Fleiß war ein wenig Launen unterworfen. Nach einundeinhalb bis zwei Jahren hat mir Delvin geraten, die Schule zu verlassen, wobei er bemerkte, dass für mich dort nichts mehr zu lernen sei. Er wusste, wahrscheinlich, dass meine Eltern bemittelt waren, wie man damals zu sagen pflegte, und dass ich infolgedessen reisen und mich dabei ganz allein entwickeln konnte, was er mir übrigens auch empfohlen hat. Abgesehen von der Schule, besuchte ich zu dieser Zeit häufig den Kupferstecher Jules de Bruycker, der ein ganzes Stück älter war als ich, doch waren wir trotzdem gute Kameraden; unsere Beziehungen waren nicht die zwischen Lehrer und Schüler. Es ist anzunehmen, dass ich viel älter erschien, als ich war, jedenfalls fühlten wir uns vollkommen auf der gleichen Ebene. Wir hatten wahrscheinlich aneinander ein wenig verwandte Züge gefunden. Er vertrieb sich zum Beispiel die Zeit damit, mich zu porträtieren, wir ergingen uns zusammen in dem alten Gent, und dabei sprachen wir miteinander immer reines Gentisch. Ich glaube, dass mir Jules de Bruycker viel beigebracht hat, ja dieser Mann, dieser Künstler war es, der mich in meinen Jugendjahren sogar ein wenig beeinflusst hat.

Vorms: Die beiden starken Einflüsse, die auf Ihre Bildung eingewirkt haben, rühren also unfehlbar von Ihrer Mutter sowie von Jules de Bruycker?

Masereel: Einerseits von meiner Mutter, was den Menschen angeht – was aber andererseits den Künstler, im Rahmen meiner künstlerischen Entwicklung, betrifft, so glaube ich, dass De Bruycker der erste gewesen ist, der einen Einfluss auf mich ausübte.